Einen bemerkenswerten Schritt macht die Europäische Investitionsbank EIB, die Förderbank der EU, die vergünstigte Kredite an Unternehmen vergibt. Sie hat eine 'Climate Bank Roadmap' (zu deutsch etwa 'Fahrplan zu einer Klima-Bank') beschlossen, die inzwischen auch von den Mitgliedsstaaten bestätigt wurde.
Diese Roadmap zieht zwar generell deutliche Kritik auf sich, "macht aber einen bemerkenswerten Schritt vorwärts: die Bank wird künftig keinen Flughafenausbau mehr finanzieren (eigene Übersetzung)".
Tatsächlich enthält die Roadmap einige bemerkenswerte Formulierungen (der gesamte Text liegt nur in Englisch vor, daher sind alle folgenden Zitate eigene Übersetzungen).
Schon in der Zusammenfassung heisst es: "Unterstützung für die Ausweitung von Flughafen-Kapazitäten und für konventionell angetriebene Flugzeuge wird entzogen", ebenso für Forschung und Entwicklung "... von Aktivitäten, die in diesem Rahmen nicht mehr unterstützt werden (z.B. interne Verbrennungsmaschinen und Antriebssysteme für Schiff- und Luftfahrt auf der Basis fossiler Brennstoffe). Im weiteren Text wird auch noch angekündigt, dass "... mit Bezug auf die Herangehensweise an den Luftfahrtsektor exportorientierte Lawirtschaftsmodelle nicht mehr unterstützt werden, die für die Vermarktung auf den Langstrecken-Flugverkehr fokussieren. Diese Maßnahme würde auch Investitionen ausschliessen, die vom internationalen Transport von frischen, verderblichen Landwirtschaftsprodukten durch Langstrecken-Luftfracht abhängen. Schließlich heisst es auch noch mit Bezug auf den Luftverkehr: "Nachfrage-Management wird wahrscheinlich im Lauf der Zeit eine zunehmende Rolle spielen".
Bemerkenswert sind diese Festlegungen auch deshalb, weil der Luftverkehr in der sog. Taxonomie, d.h. der EU-Einteilung der Wirtschaftssektoren nach dem Grad ihrer Nachhaltigkeit, noch garnicht eingestuft ist. Insofern nimmtde EIB hier eine Art Vorreiterrolle ein.
Natürlich gibt es auch hier Schlupflöcher. Zum einen werden die Beschlüsse erst 2022 voll wirksam, so dass bis dahin noch etliche Kreditverträge abgeschlossen werden können. Zum anderen ist aber auch festgelegt: "Es wird vorgeschlagen, die Unterstützung der EIB-Gruppe auf die Verbesserung der existierenden Flughafen-Kapazitäten zu fokussieren durch Sicherheitsprojekte, Rationalisierung und explizite Dekarbonisierungsmaßnahmen, wie die Umgestaltung der Bodenverkehre und Innovationen für die Dekarbonisierung des Fluggeräts", oder "Einige schwer umzugestaltende Sektoren wie die Luftfahrt erfordern die Entwicklung fortgeschrittener Biotreibstoffe und nachhaltiger alternativer Treibstoffe (e-fuels). Signifikantes zusätzliches Investment in die Infrastruktur (Ladestationen, Tankstellen für alternative Treibstoffe) ... ist erforderlich". Auch im F&E-Bereich "ird die EIB Group die langfristige Forschung und Entwicklung alternativer Treibstoffe für Schiff- und Luftfahrt unterstützen". Die Abgrenzung zu Ausbaumaßnahmen ist vermutlich gewollt unscharf, so dass wahrscheinlich eine Reihe von Baumaßnahmen auch darüber finanziert werden können.
Welche Konsequenzen diese Roadmap insgesamt haben wird, bleibt natürlich abzuwarten. In der Vergangenheit hat die EIB durchaus wesentlich zur Finanzierung von Flughafen-Ausbaumaßnahmen beigetragen. So hat sie anlässlich einer Kreditübergabe an Fraport im März 2017 stolz verkündet: "Mit dem neuen Darlehen setzt die EU-Bank auch ihre langjährige Kooperation mit Fraport fort. Insgesamt hat die EIB den Ausbau des Flughafens seit den 90er Jahren mit Darlehen in Höhe von über 900 Millionen Euro unterstützt". Und darin waren die insgesamt 600 Mill. Euro für Terminal 3 noch nicht einmal vollständig enthalten. Auch den Fraport-Raubzug in Griechenland hat die EIB mitfinanziert.
Positiv könnte sein, dass auch private Banken, die sich auf nachhaltige Finanzierungen verpflichtet haben, gezugen sein könnten, dem EIB-Beispiel zu folgen und diese Einstufung zu übernehmen. Auf der anderen Seite führen positive Ankündigungen noch lange nicht zu entsprechenden Wirkungen. Der Prozess verläuft generell eher zäh, und selbst die Bundesregierung muss bei Auswertung einer ersten Studie zur Wirkung der EU-Taxonomie erstaunt feststellen, "dss nur zwei Prozent der Unternehmensumsätze das dort festgelegte Ambitionsniveau bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit erfüllen".
Dass der Bereich Subventionen generell von Bedeutung ist, steht ausser Zweifel. Während das Umweltbundesamt die Gesamtmenge umweltschädlicher Subventionen des Bundes im Jahr 2012 auf 57 Mrd. Euro schätzt, kommt eine neuere Schätzung im Auftrag von Greenpeace zu dem Ergebnis, dass allein die zehn klimaschädlichsten Subventionen in Deutschland sich im Jahre 2019 auf 46 Mrd. Euro summieren. Die Steuerbefreiung von Kerosin steht dabei mit 8,3 Mrd. Euro an der Spitze. Rechnet man die durch den Flugverkehr mit der Verbrennung dieses Kerosinsrzeugten, aber nicht in Rechnung gestellten Klimakosten mit dazu, ergibt sich eine Gesamtsumme von über 25 Mrd. Euro.
Auch hier klaffen Anspruch und Realität weit auseinander. Die G20, der 'Gipfel der bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer', versprechen schon seit über 10 Jahren, klimaschädliche Subventionen 'mittelfristig' zu senken, kommen dabei aber bestenfalls in winzigen Schritten voran. Durch die Corona-Subventionen dreht sich die Tendenz wahrscheinlich sogar um, und diese Subventionen steigen wieder. Und ICAO verteidigt die über 75 Jahre alten Privilegien der Luftfahrt, wie die Steuerbefreiung von Kerosin, natürlich mit allem Nachdruck. Trotz gelegentlicher publikumswirksamer Initiativen ist in diesem Bereich in absehbarer Zeit kein Umsteuern zu erwarten.
Die neuen Töne in der Finanzwirtschaft werden ebenfalls keine unmittelbaren Veränderungen bringen und auch keine Ausbaumaßnahmen verhindern. Finanzielle Instrumente stossen grundsätzlich schnell an ihre Grenzen, weil auch Grünes Wachstum Ressourcen erfordert und zu steigenden Emissionen führt. Solange die Wachstums- und Profit-Logik nicht grundsätzlich durchbrochen wird, kann die Klimakatastrophe nicht wirklich aufgehalten werden. Eine grüne Finanzwende versucht nichts anderes, als diesen Transformationsprozess noch eine Weile aufzuhalten.
Durchaus bedeutend sind sie allerdings im Bereich der Argumentation. Mit der Anerkennung der Tatsache, dass Investitionen in Flughafenausbau und Steigerung des Luftverkehrs klimaschädlich sind und auf absehbare Zeit auch bleiben werden, wird der Luftverkehrswirtschaft ein wesentliches Argument für die Rechtfertigung künftigen Wachstums genommen. Daher lohnt es sich, diese Veränderungen bekannt zu machen und die eigenen Argumente damit zu untermauern. Illusionen darüber, dass der Finanzsektor die Rettung bringen könnte ollte man dabei allerdings nicht verbreiten.
Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de