Das Programm war dicht gepackt mit Vorträgen, trotzÂdem blieb auch noch Zeit für einige, in der Regel durchÂaus kritische, DiskusÂsionen. Ein Team von BBB TV war vor Ort und wird wohl in Kürze einen Video-MitÂschnitt zur VerfüÂgung stellen.
Die VortragsÂfolien sollen leider nicht verfügÂbar gemacht werden, weil die ErgebÂnisse noch vorläufig sind (und nach zum Teil deutÂlichem Verriss in der DiskusÂsion wohl auch nochmal überÂarbeitet werden). Hier muss man auf den AbschlussÂbericht warten, der für Ende des Jahres angeÂkündigt ist.
Die Vorträge des VorÂmittags waren der BeschreiÂbung der angeÂwandten ModelÂlierungsÂmethoden gewidmet, was insofern interesÂsant war, als bisher nur die Beschreibung des Vorhabens zu Beginn des Projekts bekannt war. Einige BefürchÂtungen über mögliche Mängel konnten dabei ausgeÂräumt werden, in einigen Details wird allerÂdings auch weniger gelieÂfert als versprochen, aber die wesentÂlichen Elemente unserer Kritik zu Beginn des Projekts gelten nach wie vor.
Als neues Problem wurde deutlich, dass es nicht eine ModelÂlierung gibt, sondern drei, die nur im Ergebnis addiert werden. Das ist insoÂfern probleÂmatisch, als die unterÂschiedÂlichen SubstanÂzen, deren Emission im Modell betrachtet wird, in der Realität physikaÂlisch und chemisch miteiÂnander reagieren, diese Prozesse aber nur in einem der drei Modelle, noch dazu in dem mit den am wenigsten releÂvanten EmisÂsionen (dem 'HinterÂgrund' der Emissionen aus statioÂnären Quellen im Umfeld wie KraftÂwerken, IndustrieÂanlagen, etc.), berückÂsichtigt werden. Gerade bei ultraÂfeinen Partikeln, die nach dem Ausstoss aus den TriebÂwerken noch wesentÂliche VerändeÂrungen durchÂmachen, ist das ein Problem. Wie groß der dadurch bewirkte Fehler sein könnte, lässt sich schwer abschätzen. Hier muss man abwarten, ob der AbschlussÂbericht eine seriöse FehlerÂabschätzung beinÂhalten wird.
Der Aufwand, ein einheitÂliches Modell für alle Emissionen rund um den FlugÂhafen zu entÂwicke, das alle relevanten Prozesse inteÂgriert, war für dieses Projekt wohl zu hoch. Trotzdem wirkte die dargeÂstellte Methodik im GrundÂsatz für einen ersten Schritt zur BetrachÂtung des Problems der EmisÂsionen des LuftÂverkehrs noch akzepÂtabel, auch wenn viele MöglichÂkeiten, die Relevanz dieses Beitrags nachzuÂweisen, dabei nicht genutzt werden. EntscheiÂdend ist dann die Frage, ob damit plausible ErgebÂnisse erzielt werden können. Aber gerade hier wurden die ErwarÂtungen massiv enttäuscht.
Das begann damit, dass im Vortrag von Herrn Jakobs über die ModelÂlierung der HinterÂgrundÂbelastung durch die statioÂnären Quellen im Umland ausgeÂrechnet der IndustrieÂpark Höchst bei Frankfurt als allein herausÂragende und massive DreckÂschleuder identiÂfiziert wurde - ein Faktum, dass weder in bisheÂrigen StatisÂtiken oder ModelÂlierungen aufgeÂtreten ist noch von den anweÂsenden VertreÂtern der Stadt Frankfurt nachÂvollÂzogen werden konnte. Nach allem, was über die Anlagen dort bekannt ist, gibt es schlicht keinerlei GrundÂlage für ein solches Ergebnis.
Richtig absurd wurde es aber bei den ErgebÂnissen, die Herr Janicke für die Emissionen aus dem FlugÂhafenÂbetrieb präsenÂtierte. Konnte man die Aussage, dass der HauptÂteil der TriebÂwerksÂemissionen, die als ImmisÂsionen im Umland wirksam werden, aus dem Betrieb am Boden kommen soll, noch als Hinweis dafür nehmen, dass der FrankÂfurter FlugÂhafen extrem ineffiÂzient organiÂsiert ist, so war schon die Aussag dass die TriebÂwerksÂemissionen im JahresÂmittel an der MeßÂstation Raunheim nur einen Beitrag von 500 - 1.000 Teilchen pro KubikÂzentiÂmeter liefern sollen, sehr fragÂwürdig. Der Gipfel aber war ein in einem FallÂbeispiel für einen Tag simuÂlierter Peak der TeilchenÂanzahlÂkonzenÂtration in Raunheim um ein Uhr nachts, der durch 26 Starts auf der StartÂbahn West in der Zeit von 22 bis 23 Uhr bewirkt worden sein soll. Wenn dieses SimuÂlationsÂergebnis einen realen HinterÂgrund haben sollte, dann würde das heissen, dass in RaunÂheim die UFP-KonzenÂtration immer dann hoch sein müsste, wenn die StartÂbahn West in Betrieb ist (und das ist sie unabÂhängig von der BetriebsÂrichtung fast immer) und der Wind aus der richtigen Richtung weht (und sei er noch so schwach). Dafür gibt es in den vorlieÂgenden MeßÂwerten keinerÂlei Beleg.
Dieses Ergebnis fürht aber noch zu weiteren WiderÂsprüchen. Wenn 26 Starts auf der StartÂbahn West in RaunÂheim, d.h. in 6-8 km EntferÂnung, einen solchen Peak produÂzieren können, dann müsste in einem Modell, in dem Teilchen weder produÂziert noch verÂnichtet werden können, an der Quelle mindesÂtens die gleiche, wegen der VerdünÂnung beim TransÂport aber eigentÂlich eine deutlich höhere, KonzenÂtration zu sehen sein. Da die StartÂbahn West aber unabÂhängig von der BetriebsÂrichtung praktisch das ganze Jahr in Betrieb ist, müsste auch der JahresÂmittelÂwert entlang der StartÂbahn deutlich erhöht sein. In der entspreÂchenden Grafik, die Herr Janicke vorher präsenÂtierte, war die Startbahn West aber nicht zu sehen, die EmissionsÂwerte konzenÂtrierten sich auf einen Streifen zwischen dem ParallelÂbahnÂsystem (entlang der Rollwege, da das Taxiing in dieser SimuÂlation den HauptÂbeitrag liefert).
Wenn man spekulieren will, was an dieser SimuÂlation wohl faul sein köte, damit solche absurden ErgebÂnisse produÂziert werden können, liegt eine Annahme nahe. In BeschreiÂbungen des verwenÂdeten LASPORT-Modells ist öfter davon die Rede, dass die emitÂtierten Abgase heiss sind und daher in der UmgebungsÂluft aufÂsteigen. Zugleich hat sich Herr Janicke in der Diskussion sehr gegen die Annahme gewehrt, dass die Abgase durch die an den TragÂflächen erzeugten WirbelÂschleppen nach unten bewegt werden könnten. Man kann daher vermuten, dass in diesem Modell die Abgase zunächst nach oben verÂschwinden, in höheren LuftÂschichten verdünnt und vom Wind verweht werden und dann irgendwo in der Umgebung wieder als ImmisÂsion auftauchen - aber nirgendwo einen releÂvanten Beitrag zum JahresÂmittelÂwert liefern.
So etwas stünde in schreiendem WiderÂspruch sowohl zu physikaÂlischen PrinÂzipien als auch zu den vorhanÂdenen MessÂergebÂnissen. Um den Auftrieb zu erzeugen, um ein Flugzeug in die Luft zu bringen, muss eine entspreÂchende Masse Luft nach unten ger¼ckt werden. Dass die TriebÂwerksÂabgase diesem Druck entgehen und aufsteigen, ist weder theoÂretisch begründÂbar noch praktisch nachÂweisbar - im Gegenteil zeigen Messungen, dass die Emissionen unterhalb des Flugzeugs nachweisbar sind. Und die wenigen Grafiken, in denen Herr Janicke SimuÂlationsÂergebÂnisse und passende MessÂwerte dargeÂstellt hat, zeigten auch wenig ÃœberÂeinÂstimmung.
Ohne genauere Aussagen darüber, wie die verwenÂdeten SimulaÂtionen funktioÂnieren und wie die ErgebÂnisse im Detail aussehen, lässt sich auch keine Aussage darüber machen, was von diesem Projekt letztÂendlich noch zu erwarten ist. Was in Bonn vorgeÂstellt wurde, lässt allerÂdings das Schlimmste befürchten. Wenn im verbleiÂbenden ProjektÂzeitraum nicht noch erhebÂlich nachgeÂbessert und offene Fragen geklärt werden, wird das Ergebnis wenig bis nichts zu der Frage beitragen, welche BelasÂtungen der LuftÂverkehr in der Umgebung des FlugÂhafens tatsächÂlich erzeugt.
Derweil gibt es immer mehr Gründe dafür, besorgt zu sein. So hat z.B. die VERT Association, die sich primär mit FilterÂtechniken für Motoren befasst, in ihrer jüngsten Tagung eine Reihe von interesÂsanten Vorträgen präsentiert, die sich mit PartiÂkel-EmisÂsionen aus VerÂbrennungsÂprozessen und deren gesundÂheitÂlicher Wirkung befassen.
Auf der anderen Seite scheint es uns wichtig, so präzise wie möglich zu arguÂmentieren, gerade wenn die GegenÂseite mit fragÂwürdigen ArguÂmenten arbeitet. So trägt es nicht unbedingt zur GlaubÂwürdigÂkeit bei, mit hinkenden Vergleichen zu arbeiten, um die Dramatik der aktuellen Situation besonders hervorÂzuheben. Die vorlieÂgenden MessÂwerte in Raunheim geben mit cherÂheit Anlass zur Sorge - aber Aussagen wie die Bewohner Raunheims hätten "praktisch jeden zweiten Tag Silvester – und zwar in dreiÂfacher Höhe und über Stunden hinweg" helfen da nicht weiter, denn die Sylvester-Belastung, die sicht- und riechÂbar ist, besteht überÂwiegend aus gröberen Stäuben - Sylvester-Raketen verbrennen ihren BrennÂstoff längst nicht so effektiv wie AutoÂmotoren oder FlugÂzeugÂtriebÂwerke. Und auch wenn man häufig eine deutÂliche KorreÂlation zwischen ÃœberÂflügen und erhöhten MessÂwerten sieht, ist damit noch lange nicht geklärt, wie sich die TriebÂwerksÂemissionen genau ausÂbreiten.
Es geht jetzt eher darum, genau zu beschreiben, was man weiss, sauber zu begründen, was pluibel ist, und genau zu fordern, was geklärt werden muss. Und es muss massiver Druck entwickelt werden, damit die dafür nötigen Mittel bereitÂgestellt werden. Denn dass der FlugÂverkehr hier eine Belastung erzeugt, die gesundÂheitÂliche BeeinÂträchtiÂgungen hervorÂbringt, ist in der Tat mehr als wahrÂscheinlich - es ist so gut wie sicher.
Quelle: www.bi-fluglaerm-raunheim.de, Aktuelles